Eine Geschichte aus der Interreligiösen Arbeit in Kiel
Treffen in der Corona-Zeit am 25. 10. 2020 in der Kieler Pumpe
Das Band der Solidarität
Eine große Sehnsucht bestand im Kieler Interreligiösen Arbeitskreis, in der Corona-Krise sich endlich wiederzusehen und sich persönlich zu begegnen, nicht nur per Email, Whatsapp oder Zoom. So trafen wir uns am 25. Oktober letzten Jahres unter den damaligen Bedingungen mit 15 Personen mit Maske und dem gebotenen Abstand im Kieler Kulturzentrum Pumpe. Alle Religionen in unseren Arbeitskreis waren vertreten: Christen unterschiedlicher Konfessionen und Gemeinschaften, Muslime aus zwei Moscheen, ein Ehepaar aus der jüdischen Gemeinde, ein Mitglied der Bahá’í, ein Buddhist aus der Zen-Kreis Kiel, eine Vertreterin der Brahma-Kumaris. Nach der Begrüßung hatten wir wie bei uns üblich eine Zeit des Schweigens zur Besinnung, dann begann eine Runde: Jede Person konnte aussprechen, wie ihr in dieser Zeit zumute ist, woher sie Kraft holt und was sie bewegt. Viele sprachen von dem Weg nach innen, der dann wieder neue Möglichkeiten bietet für einen Weg nach außen. Manche berichteten von der regelmäßigen Meditation jeden Dienstag um 10.10 Uhr, die gemeinsam verabredet war; diese Zeit gab ihnen Ruhe und das Gefühl der Verbundenheit. Der Austausch in der Pumpe machte es möglich, die schwierige Situation der Corona-Krise von verschiedenen Seiten her zu sehen, unterschiedliche Stimmungen und Anregungen auszutauschen. Deutlich wurde allen, wie wichtig es ist, gerade jetzt zusammenzuhalten, nicht nur für uns selbst, sondern auch mit unseren Partnern in verschiedenen Teilen der Welt, so mit den Menschen in Kiels Partnerstadt Antakya / Hatay, mit Flüchtlingen aus Syrien, mit Freunden in Uganda.
Wir verteilten dann die Bänder der Solidarität, jeder und jede erhielt ein farbiges Band von ca. 2 Meter Länge. Über dieses Band verbanden wir uns alle in einem großen Kreis miteinander – natürlich im gebotenen Abstand und doch in tiefer, innerer Verbundenheit.
Diese Solidarität schloss auch unserer Partner in der weiten Welt mit ein. In Uganda zum Beispiel galt ein entsprechendes Band als Zeichen der Verbundenheit mit uns, mit anderen Menschen und mit der Natur. In der Stille dachten wir auch an die Menschen, die jetzt in Not sind, die einen Verwandten oder Freund verloren haben und trauern. Dann erklang Musik, mit dem jeweiligen Band begannen wir zu tanzen, alle in ihrer Weise. Als wir dann Abschied nahmen, blieb die Verbundenheit. Aufgrund solch innerer Zugehörigkeit brannte auch in der Kieler Moscheegemeinde am 4. Advent die 5. Kerze zur Erinnerung an die Verstorbenen. Auf der nächsten Zoom-Konferenz des Interreligiösen Arbeitskreises zeigte einer der Mitglieder auf das Band hinter sich, das jetzt sein Wohnzimmer schmückte. So wirkt dieses Band als Zeichen weiter – in uns selbst und auch weltweit in anderen Menschen, mit denen wir verbunden sind.
Klaus Onnasch